Hessischer Verwaltungsgerichtshof
9. Senat
9 N 1902/00
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Normenkontrollverfahren
der .......,
Antragstellerin,
gegen
die Stadt Offenbach am Main,
vertreten durch den Magistrat - Rechtsamt -
Ziegelstraße 8, 63065 Offenbach am Main,
Antragsgegnerin,
wegen Baurechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof
- 9. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr.
Teufel,
Richter am Hess. VGH Igstadt,
Richter am Hess. VGH Dr. Fischer,
Richter am Hess. VGH Mogk,
Richterin am VG Wiesbaden Domann-Hessenauer
(abgeordnete Richterin)
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom
12. November 2001 für Recht erkannt:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des
Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten
vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragstellerin wendet sich gegen den am
19. Juni 1997 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 521 B der
Antragsgegnerin, soweit dort für die Grundstücke M.
Straße 319, 319 A, 321, 321 A, 323 und 323 A als Art der
baulichen Nutzung "Gewerbegebiet" festgesetzt wird.
Die Antragstellerin ist Alleineigentümern
der im Plangebiet liegenden Grundstücke Gemarkung B., Flur 6,
Flurstücke 65/3 (M. Straße 319 A) und 66/5 (M. Straße 321 A) sowie
Miteigentümerin des
ebenfalls im Plangebiet befindlichen Grundstücks Gemarkung B.,
Flur 6, Flurstück 65/4
(M. Straße 319). Die vorbenannten Grundstücke sind mit
Wohnhäusern bebaut. Weiterhin umfasst der Geltungsbereich des
Bebauungsplans die Grundstücke M. Straße 321 und 323,
die mit zwei von einem
Schausteller genutzten Unterstellhallen bebaut sind, sowie das Firmengelände der
zwischenzeitlich in Konkurs gegangenen Pelzveredelungsfabrik
T. Westlich des B. Weges werden durch den Bebauungsplan die
ebenfalls wohngenutzten Grundstücke M. Straße 315 und
315 A das Grundstück Gemarkung B., Flur 6, Flurstück 311,
auf welchem die Firma O. Fahrzeuge verkauft und repariert, und das
baulich nicht genutzte Grundstück Gemarkung B., Flur
6, Flurstück 110/1
überplant.
Das Plangebiet war früher Bestandteil des
Bebauungsplans 521 vom 24.
Januar 1985, der unmittelbar südlich der
M. Straße - auch für die Grundstücke der
Antragstellerin - ein Gewerbegebiet festsetzte, in welchem
Einzelhandelsbetriebe für Nahrungs- und Genussmittel, sowie
selbstständig gewerblich betriebene Anlagen für
sportliche und gesundheitliche
Zwecke nicht zulässig waren. Im Übrigen enthielt der
Bebauungsplan 521 für den Geltungsbereich des heutigen
Bebauungsplans 521 B die Festsetzung Industriegebiet. Auch den
Bebauungsplan 521 hat die Antragstellerin angefochten, soweit er
Festsetzungen für das Gebiet des heutigen Bebauungsplans 521 B
trifft. Über jenen Normenkontrollantrag ist noch nicht
entschieden (Az.: 9 N 902/92).
Der nunmehr angegriffene Bebauungsplan Nr. 521 B wurde in
folgendem Verfahren aufgestellt:
Die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin beschloss am 17. September 1992 die Aufstellung des
Bebauungsplans Nr. 521 B als Änderung des Bebauungsplans Nr.
521. Den Aufstellungsbeschluss machte die Antragsgegnerin in der Offenbach-Post vom 24. Februar 1993
bekannt. Nach entsprechender öffentlicher Bekanntmachung in
der Offenbach-Post vom 25./26. Juni 1994 wurden der Vorentwurf des Bebauungsplans in der Zeit vom
27. Juni 1994 bis 22. Juli 1994 ausgelegt und die vorgezogene
Bürgerbeteiligung im
Rahmen einer öffentlichen Bürgerversammlung am 14. Juli 1994 durchgeführt. In ihrer Sitzung am 12.
Oktober 1995 billigte die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin den
Entwurf des Bebauungsplans
Nr. 521 B nebst Begründung in der Fassung vom Juli 1995 und
beschloss dessen öffentliche Auslegung gemäß §
3 Abs. 2 BauGB. Dieser Beschluss wurde in der Offenbach-Post vom
13. November 1995 veröffentlicht, mit dem Hinweis, dass der
Planentwurf und die dazugehörige Begründung in der Zeit
vom 21. November 1995 bis einschließlich 20. Dezember 1995
während der Dienststunden (montags bis donnerstags von 8.00
Uhr bis 16.30 Uhr, freitags von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr) in der
Telefonzentrale im Erdgeschoss des Rathauses, Raum für
öffentliche Bekanntmachungen, Stadthof 15/Berliner
Straße 100, zu
jedermanns Einsicht öffentlich ausliege. Gleichzeitig wurde darauf
hingewiesen, dass während der Auslegungsfrist Bedenken und
Anregungen zum Bebauungsplan beim Magistrat der Stadt Offenbach - Vermessungsamt - , Stadthof 13, 63012 Offenbach, schriftlich oder zu Protokoll vorgebracht werden könnten.
In ihrer Sitzung am 19. Juni 1991 entschied die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin über die
eingegangenen Anregungen und Bedenken und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Mit
Schreiben vom 20. Januar 1998 zeigte die Antragsgegnerin den
Bebauungsplan dem Regierungspräsidium Darmstadt an, welches
die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 3. April 1998
darüber unterrichtete, dass keine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend
gemacht würde, die eine Versagung der Genehmigung nach §
6 Abs. 2 BauGB
rechtfertigte. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens
wurde am 27. Mai 1998 in der Offenbach-Post bekannt
gemacht.
Der angegriffene Bebauungsplan setzt für seinen Geltungsbereich ein
Gewerbegebiet fest, das in drei
verschiedene Plangebietsteile gegliedert wird,
hinsichtlich derer
unterschiedliche
Nutzungseinschränkungen angeordnet werden. Für den
Plangebietsteil 1, in welchem die wohngenutzten
Grundstücke der Antragstellerin und die Grundstücke M.
Straße 321, 323 und 323 A liegen, enthält der
Bebauungsplan folgende textliche Festsetzungen:
"Es sind nur solche Betriebe zulässig, die im
Sinne von § 6 BauNVO nicht wesentlich stören.
Einzelhandelsbetriebe für Nahrungs- und
Genussmittel, Schank- und Speisewirtschaften
sowie Tankstellen und gewerblich betriebene Anlagen für sportliche
Zwecke sind nicht zulässig.
Anlagen
für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke
sowie Vergnügungsstätten werden nicht Bestandteil des
Bebauungsplanes.
Erneuerungen
und Erweiterungen der vorhandenen Wohngebäude auf den
Grundstücken Flur 6. Nr. 65/4, 65/3 und 66/5sind ausnahmsweise
zulässig, wenn Erweiterungen eine Geschossfläche von
jeweils 100 qm nicht
überschreiten und Wohngebäude mit
Lärmschutzfenstern der
folgenden Anforderungen (nach VDI-Richtlinie 2719) ausgestattet bzw. er richtet werden: ..."
Am 26. Mai 2000 hat die Antragstellerin
Normenkontrollantrag gestellt. Sie trägt vor, das
Grundstück M. Straße 321 A sei seit Jahren mit einem
leerstehenden Zweifamilienhaus bebaut, das einer Neubebauung
(Doppelwohnhaus) weichen solle. Die Realisierung dieser Bebauung
führe zu einer Grundflächenzahl von 0,18 und einer
Geschossflächenzahl von 0,36. Diese beabsichtigte Bebauung sei Gegenstand einer entsprechenden Bauvoranfrage,
die 1994 im Hinblick auf den
damals bestehenden
Bebauungsplan Nr. 521 negativ beschieden worden sei. Insoweit sei
vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen
3 E 534/95(4) eine Anfechtungsklage anhängig. Der
Bebauungsplan setze für seinen Geltungsbereich ein
Gewerbegebiet fest, obwohl das Gebiet überwiegend wohnbaulich
genutzt werde. Dadurch werde sie - die Antragstellerin - in ihrem
Eigentumsrecht verletzt. Obwohl die Grundstücke M.
Straße 319, 319 A und 321 A
ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wurden, beanspruche die
Festsetzung Gewerbegebiet auch für diese Grundstücke Geltung. Nach
§ 8 BauNVO sei aber ein allgemeines Wohnen in einem
festgesetzten Gewerbegebiet unzulässig. Insoweit könne
sie sich lediglich auf Bestandsschutz berufen, was zur Folge
habe, dass eine wesentliche
bauliche Änderung der
vorhandenen Wohnbebauung oder gar eine vollständige
Neuerrichtung ausgeschlossen sei. Ungeachtet dessen sei die
Festsetzung Gewerbegebiet in Anbetracht der vorhandenen Nutzung
offensichtlich abwägungsfehlerhaft. Die Erforderlichkeit für eine derartige Planung sei nicht
gegeben, da das benachbarte Areal der in Konkurs gegangenen Firma T. seit Jahren
nicht mehr gewerblich genutzt werde, sondern sich als
städtische Gewerbebrache präsentiere. Die
Konservierung einer ehemals
bestehenden tatsächlichen Gemengelage zwischen einer
wohnbaulichen Nutzung einerseits und einer gewerblichen
Nutzung andererseits, deren Fortbestand die
Antragsgegnerin offensichtlich sichern wolle, könne nicht
dadurch erfolgen, dass ohne Rücksicht auf die
tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche
gewerbliche Nutzung
festgesetzt werde, um
mögliche Konflikte, die künftig durch die Beibehaltung
der Gemengelage entstehen könnten, zu Lasten der Wohnnutzung
zu lösen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebauungsplan Nr. 521 B der Stadt Offenbach für das Gebiet
zwischen M. Straße den Grundstücken M. Straße 333 und 341, der Bundesbahntrasse Frankfurt/M.
- Bebra und dem Grundstück M. Straße 251 für
nichtig zu erklären, soweit die Liegenschaften M. Straße 319, 319 A, 321, 321 A, 323 und
323 A als Gewerbegebiet festgesetzt worden sind.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Bebauungsplan setze
die Grundstücke der Antragstellerin zwar als Gewerbegebiet
fest, zusätzlich sei jedoch zur Art der baulichen Nutzung
bestimmt worden, dass gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO
Erneuerungen und Erweiterungen der vorhandenen Wohngebäude
ausnahmsweise zulässig seien, wenn Erweiterungen eine
Geschossfläche von jeweils 100 m² nicht
überschritten und Wohngebäude mit Lärmschutzfenstern
bestimmter Anforderungen ausgestattet würden. Die
Antragstellerin werde mithin keineswegs auf den Bestandsschutz
verwiesen. Ihr werde neben dem Anspruch auf Erneuerung auch die
Möglichkeit einer begrenzten Erweiterung eingeräumt. Es
handele sich bei dem Plangebietsteil, in welchem die
Grundstücke der Antragstellerin lägen, auch nicht
um ein bestehendes Wohngebiet neben einem
Gewerbegebiet, sondern objektiv um ein Einsprengsel mit geringem
FIächenumfang von drei genehmigten Wohngebäuden innerhalb
des größten zusammenhängenden Gewerbe- und
Industriegebiets der Stadt Offenbach am Main. Der Bebauungsplan 521
B umfasse dabei nur einen Teil dieses Gewerbe- und
Industriegebietes, das sich in einer Gesamtlänge von ca. 2,4
km entlang der M.
Straße zwischen dieser und der Bahntrasse Frankfurt am
Main - Bebra erstrecke. Dieses Gelände
werde nahezu ausschließlich
industriell und gewerblich genutzt. Die Wohnbebauung auf den
Grundstücken der Antragstellerin sei ursprünglich auch
als betriebliches Wohnen entstanden und habe sich sukzessive zu
einem betriebsunabhängigen Wohnen entwickelt. Hierdurch sei
eine Gemengelage ent
standen, die zu erheblichen
Immissionskonflikten geführt habe. Der Bebauungsplan enthalte
eine Reihe von Festsetzungen, die zur Konfliktlösung
beitrügen. Während des Planaufstellungsverfahrens sei für den
Bereich der Grundstücke der Antragstellerin auch die
Ausweisung eines Mischgebietes in Betracht gezogen worden. Eine
derartige Festsetzung hätte jedoch die Gefahr des Entstehens zusätzlicher
Wohnbebauung bedeutet. Die eingeräumte Möglichkeit der
Erweiterung der bestehenden Wohngebäude um eine Geschossflache
vom 100 m² sei auch angemessen. Dadurch werde die Schaffung
einer weiteren Wohnung je Gebäude ermöglicht.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts und des
Vorbringens der
Beteiligten Bezug genommen
auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die Gerichtsakte des
Verfahrens 9 N 902/92, den Bebauungsplan Nr. 521 B nebst
Aufstellungsunterlagen (1 Ordner) und die Bauakten der
Antragsgegnerin betreffend die Grundstücke M. Straße
319, 319 A, und 321 A, die sämtlich Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die
Antragstellerin wendet sich gegen einen nach § 10 Abs. 1 BauGB
als Satzung beschlossenen Bebauungsplan, dessen Gültigkeit von
dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Nr. 1
VwGO überprüft
werden kann.
Der Normenkontrollantrag
ist auch im Übrigen zulässig.
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt
sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach den Antrag jede
natürliche oder juristische Person stellen kann, die geltend
macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren
Rechten verletzt
zu sein oder in absehbarer Zeit
verletzt zu werden. An die Geltendmachung der Rechtsverletzung
können keine höheren Anforderungen gestellt werden als an
die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Danach genügt
ein Antragsteller
seiner Darlegungspflicht,
wenn er hinreichend substantiierte Tatsachen vorträgt, die es zu mindest als möglich erscheinen lassen,
dass er durch Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans in
eigenen Rechten verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN
2.98 -, NJW 1999, 592; Urteil des Senats vom 6. November 2000
- 9 N 2265/99 -).
Wendet sich - wie hier - der
Eigentümer von im Plangebiet liegenden
Grundstücken gegen
Festsetzungen eines Bebauungsplans, so besteht
regelmäßig die erforderliche Antragsbefugnis (BVerwG,
Beschluss vom 7. Juli 1997 - BVerwG
4 BN 11.97 -, DÖV 1998, 76 = NVwZ -
RR 1998, 416; Urteil vom 10. März 1998 - BVerwG 4 CN 6.97 -,
NVwZ 1998, 732). Durch die im angegriffenen Bebauungsplan
getroffenen planerischen
Festsetzungen wird der Inhalt des Eigentums der Antragstellerin
bestimmt. Nach ihrem
Vorbringen erscheint ein über eine zulässige
Inhaltsbestimmung des Eigentums hinausgehender normativer Eingriff
in ihr Eigentum möglich.
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
Verfahrensfehler bei der Aufstellung des Bebauungsplans sind weder
gerügt noch ersichtlich.
Da die Antragstellerin ihren Normenkontrollantrag auf die
Überprüfung der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung
für die Im Plangebietsteil 1 liegenden Grundstücke M.
Straße 319, 319 A, 321, 321 A, 323 und 323 A beschränkt
hat, ist der Bebauungsplan nur in diesem Umfang einer
Überprüfung in diesem Verfahren zugänglich. Den von
der Antragstellerin gestellten Antrag hat der Senat zum Ausgang seiner
gerichtlichen Überprüfung zu nehmen (vgl. BVerwG.
Beschluss vom 20. August 1991 - B VerwG 4 NB 3.91 -, NVwZ 1992, 566).
Eine Überprüfung der übrigen Festsetzungen für die vorbenannten
Grundstücke sowie sämtlicher Festsetzungen für die anderen im Plangebiet
liegenden Grundstücke ist dem Senat auf Grund der eingeschränkten Antragstellung
entzogen.
Die Festsetzung "Gewerbegebiet" für die im
Antrag bezeichneten Grundstücke M. Straße 319, 319 A, 321, 321 A, 323 und 323 A ist inhaltlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist
die Festsetzung "Gewerbegebiet“ nicht deshalb rechtswidrig,
weil gleichzeitig auf den Grundstücken M.Straße 319, 319 A und 321 A allgemeine
Wohnnutzung durch textliche
Festsetzung zugelassen wird,
obwohl der Katalog des § 8 BauNVO, der die in einem
Gewerbegebiet zulässigen Nutzungen regelt, eine Wohnnutzung
nur ausnahmsweise für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen
sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter eines ansässigen Gewerbebetriebs zulässt
(§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Die textliche Festsetzung, dass Erneuerungen und
Erweiterungen der
vorhandenen Wohngebäude auf den Grundstücken Flur 6, Nr. 65/4, 65/3
und 66/5 (M. Straße 319, 319 A und 321 A) ausnahmsweise
zulässig sind, wenn
Erweiterungen eine Geschossfläche von jeweils 100 m² nicht überschreiten und
Wohngebäude mit
bestimmten Lärmschutzfenstern ausgestattet werden, konnte die
Antragsgegnerin nach §
1 Abs. 10 BauNVO treffen.
Nach § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO kann gerade wenn bei
Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO
in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche
und sonstige Anlagen unzulässig sind, im Bebauungsplan
festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen,
Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein
zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden
können. Diese Bestimmung steht in einem sachlichen
Zusammenhang mit § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 BauGB, wonach es zu
den Aufgaben der Bauleitplanung gehört, vorhandene Ortsteile
zu erhalten, zu erneuern und fortzuentwickeln. Sie ermöglicht
eine am Bestand orientierte Planung sowie schafft Planungs- und
Investitionssicherheit (vgl. BR-Drucks. 354/89 unter A.I.4. und
A.II.1.a) und beruht auf der Erwägung, dass die
Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung trotz der
Differenzierungsmöglichkeiten, die § 1 Abs. 4 bis 9
BauNVO bieten, nicht in allen Fällen Planungsergebnisse
gewährleisten, die den Belangen der Betroffenen angemessen
Rechnung tragen. § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO erweitert den Kreis
der Anlagen, die nach den §§ 2 bis 9 BauNVO zulässig
sind oder im Wege der Ausnahme zugelassen werden können. Macht
die Gemeinde von dem Instrument des § 1 Abs. 10 BauNVO
Gebrauch, so bedeutet dies, dass der Eigentümer nicht mit den
Nutzungsmöglichkeiten vorlieb nehmen muss, die ihm sonst nur
im Rahmen des herkömmlichen Bestandsschutzes verbleiben und
die sich im Wesentlichen in Reparatur- und
Erhaltungsmaßnahmen erschöpfen, sondern je nach der
Reichweite der getroffenen Regelung in die Lage versetzt wird,
weiterhin Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen
und Erneuerungen vorzunehmen. Vorhandenen Nutzungen werden auf
diese Weise Entwicklungschancen offengehalten, selbst wenn sie dem
Gebietscharakter an sich fremd sind (vgl. dazu BVerwG, Beschluss
vom 11. Mai 1999 -
BverwG 4 BN 15.99-, NVwZ 1999, 1338
[1340]).
Die Voraussetzungen unter denen § 1 Abs. 10 BauNVO im
Einzelnen sogenannte bestandssichernde Festsetzungen
ermöglicht (vgl. dazu
Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Aufl. 1998,§ 1 Rdnr. 138 ff.;
König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, § 1
Rdnr. 101 ff.) sind
hier gegeben. Das Plangebiet
ist überwiegend bebaut. Die Tatsache, dass das Grundstück Gemarkung B., Flur 6,
Flurstück 110/1 baulich nicht genutzt wird, steht dem nicht entgegen, zumal auch die
östlich, westlich und nördlich an das Plangebiet grenzenden Flächen bebaut
sind. Die vorhandene Wohnnutzung auf den
Grundstücken der Antragstellerin, die im Verhältnis zur Größe des
gesamten Plangebiets einen kleinen Einsprengsel darstellt,
wäre - ohne eine Festsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO - auf Grund der
Ausweisung "Gewerbegebiet" unzulässig. Auch die allgemeine
Zweckbestimmung in den übrigen Teilen des
Gewerbegebietes bleibt trotz der Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO gewahrt. Es bestehen
keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die bestandssichernden
Festsetzungen für die Grundstücke der Antragstellerin das verbleibende Gewerbegebiet zu einer
Rücksichtnahme auf die
Wohnnutzung gezwungen wird, die mit dem Charakter eines Gewerbegebietes
nicht mehr vereinbar wäre. Schließlich ist
unschädlich, dass es sich hier nicht um die erstmalige
Überplanung einer bestehenden Gemengelage handelt, sondern
für das Plangebiet bereits früher ein Bebauungsplan
bestand. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 10 Satz 4 BauNVO,
wonach § 1 Abs. 10 Satz 1 bis 3 BauNVO auch für die
Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen
gilt.
Auch mit den übrigen Festsetzungen
betreffend die Art der baulichen
Nutzung im Plangebietsteil 1, die die gewerbliche Nutzung
einschränken und die Wohnnutzung auf den Grundstücken der
Antragstellerin somit eher begünstigten, und die demzufolge
von der Antragstellerin auch nicht beanstandet werden, hält sich die
Antragsgegnerin innerhalb der durch § 9 BauGB und die
Baunutzungsverordnung vorgegebenen Festsetzungsmöglichkeiten.
Die einschränkende Festsetzung, dass nur solche Betriebe zulässig sind,
die im Sinne des § 6 BauNVO nicht wesentlich stören, ist
durch § 1 Abs. 5 BauNVO gedeckt. Soweit Schank- und
Speisewirtschaften sowie Tankstellen ausgeschlossen werden, kann
sich die Antragsgegnerin ebenfalls auf § 1 Abs. 5 BauNVO
berufen, während der
Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben für Nahrungs- und Genussmittel und gewerblich
betriebenen Anlagen für
sportliche Zwecke auf §
1 Abs. 9 BauNVO gestützt werden kann. Der Ausschluss der
ausnahmsweise in einem Gewerbegebiet zulässigen Anlagen
für kirchliche,
kulturelle, soziale und
gesundheitliche Zwecke sowie der ebenfalls ausnahmsweise in einem Gewerbegebiet zulässigen
Vergnügungsstätten beruht auf § 1 Abs. 6
BauNVO.
Die für die Grundstücke M.
Straße 319, 319 A,
321, 321 A, 323 und 323 A getroffene Festsetzung Gewerbegebiet
genügt auch den
Anforderungen, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben.
Dieses in § 1 Abs. 6 BauGB verankerte
Gebot verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, im
Rahmen seiner planenden Entscheidung sämtliche im Hinblick auf
die konkrete Planungssituation relevanten öffentlichen und
privaten Belange in seine Abwägung einzubeziehen, wobei die
Bedeutung der betroffenen Belange weder verkannt werden noch der
Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise erfolgen darf, die zur
objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer
Verhältnis steht. Innerhalb des vorgenannten Rahmens wird das
Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die planende Gemeinde
in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die
Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die
Zurücksetzung des anderen Belangs entscheidet. Die Planungsbefugnis
schließt Gestaltungsfreiheit ein; die Gestaltungsfreiheit
wiederum umfasst verschiedene Elemente, insbesondere des Erkennens,
des Bewertens und des Wollens. Innerhalb des so beschriebenen
Rahmens ist das Vorziehen oder das Zurücksetzen bestimmter
Belange, wie es das Bundesverwaltungsgericht formuliert, kein
nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu
elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie
und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich
geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der
Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - BVerwG 4 C 105.66 -, BRS 22
Nr. 4; Senatsbeschluss vom 30. September 2000 - 9 N
1831/93-).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist
die Abwägung nicht deshalb fehlerhaft, weil die
Antragsgegnerin bei der Festsetzung des Gewerbegebiets und den
damit verbundenen Einschränkungen der auf den
Grundstücken M. Straße 319, 319 A und 321 A
ausgeübten Wohnnutzung das Grundeigentum der Antragstellerin
und damit den Schutz des Privateigentums, der durch Art. 14 Abs.
1 Satz 1 GG
gewährleistet ist, in der Abwägung nicht
ordnungsgemäß berücksichtigt hätte.
Hierzu ist allgemein darauf hinzuweisen, dass
Bebauungspläne gemäß § 1 Abs. 1 BauGB der
städtebaulichen Ordnung dienen. Durch sie wird zugleich die
eigentumsrechtliche Situation im Plangebiet gestaltet. Ein
Bebauungsplan bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Gegenüber dem
Bebauungsplan ist demzufolge eine Berufung auf die
Eigentumsgewährleistung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG versagt
(vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 1. November 1974- BVerwG
4 C 38.71-, BVerwGE 47, 144 [153]; Urteil vom 31. August 2000- BVerwG 4 CN
6.99 -, DVBI. 2001, 377 [380]). Eine Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit
von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten
einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene
Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß der baulichen Nutzung auch bei einer
Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht.
Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus,
dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche
Allgemeinbelange für sie bestehen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969
- BVerwG 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 [305]). Diese
städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange müssen um so
gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines
Bebauungsplans die Privatnützigkeit von Grundstücken
beschränken oder gar ausschließen (BVerwG, Urteil vom 16. April 1971 - BVerwG 4 C
66.67 -, DVBI. 1971, 746 [750]). Die Beschränkung der
Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss von der
Gemeinde als ein wichtiger
Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 6 BauGB gebotenen
Abwägung beachtet werden (BVerwG, Beschluss vom 16.
Januar 1996 - BVerwG
4 NB 1.96--, ZfBR 1996,
223). Entscheidend ist deshalb allein, ob die von der planenden
Gemeinde vorgenommene Abwägung einer rechtlichen
Überprüfung standhält.
Dies ist
hier der Fall.
Weder macht die Antragstellerin geltend noch sind hierfür irgendwelche
Anhaltspunkte ersichtlich,
dass die Antragsgegnerin eine Abwägung nicht
vorgenommen bzw.
beachtliche Belange in der
Abwägung übersehen hatte. Die Antragstellerin beruft
sich allein darauf, das
Ergebnis der Abwägung sei fehlerhaft. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die
Antragsgegnerin hat bei der Bauleitplanung hinsichtlich der
Bewertung der privaten und der öffentlichen Belange und der
Frage, welchem Belang der Vorzug zu geben ist, einen weiten
planerischen Ermessensspielraum. Die Grenzen der planerischen
Freiheit hat die Antragsgegnerin nicht
überschritten.
In der Begründung des Bebauungsplans
führt die Antragsgegnerin im Einzelnen aus, dass das
überplante Gelände auch weiterhin hauptsächlich dem
produzierenden Gewerbe zur Verfügung stehen solle. Gleichzeitig solle durch den
Bebauungsplan der
Konflikt zwischen den vorhandenen
Wohngebäuden und der bestehenden gewerblichen Nutzung
planungsrechtlich gelöst werden. Eine durchgeführte
Bestandsaufnahme - so die Begründung des Bebauungsplans
- habe ergeben, dass lediglich die Wohnnutzung auf den Anwesen M.
Straße 319, 319 A und 321 A bauordnungsrechtlich genehmigt
und zulässig sei. Die übrige Wohnnutzung in den Anwesen
M. Straße 315 und 315A sei bauordnungsrechtlich nicht
genehmigt. Soweit die Antragstellerin im Termin zur mündlichen
Verhandlung darauf hinweist, dass sich auf dem Grundstück M.
Straße 321/323
(Gemarkung B., Flur 6,
Flurstücke 67/4) ein zweigeschossiges Gebäude
mit drei Wohnungen befinde sowie eine auf dem
Grundstück M. Straße 323 A (Gemarkung B., Flur 6,
Flurstück 67/1) genehmigte Lagerhalle teilweise zu Wohnzwecken
umgebaut worden sei, vermag dies die Richtigkeit des planerischen
Ausgangspunkts nicht in
Frage zu stellen. Denn es
ist nicht ersichtlich, dass
es sich bei diesen Nutzungen um genehmigte Wohnnutzungen handelt.
Im übrigen steht die auf den Grundstücken M. Straße
321/323 und 323 A vorhandene Wohnnutzung nach den Angaben der Antragstellerin in einem engen
Zusammenhang mit den jeweiligen auf diesen Grundstücken
auch ausgeübten
gewerblichen Nutzungen. Die
Antragstellerin hat
nämlich angegeben, dass auf
dem erstgenannten Grundstück ein Schausteller wohne, der dort
auch seine Gerätschaften abstelle und warte. Auf dem zweitgenannten
Grundstück repariere der Bewohner der in der Lagerhalle geschaffenen
Wohnung Fahrzeuge.
Die Antragsgegnerin ist im Planaufstellungsverfahren davon
ausgegangen, dass wegen der Immissionen durch die
Bundesstraße (M.
Straße), die viel
befahrene Bahnstrecke und
die angrenzenden Gewerbebetriebe eigentlich eine Verlagerung der genehmigten Wohnnutzung
auf den Grundstücken M. Straße 319, 319 A und 321 A
anzustreben sei. Dies sei aber auf Grund der
Eigentumsverhältnisse und der damit verbundenen erheblichen
finanziellen Belastungen nicht möglich. Der Bestand an
Wohnnutzung müsse daher - so die
Begründung des Bebauungsplans - durch entsprechende
Festsetzungen so weit geschützt werden, dass ein erträgliches Wohnen an dieser
Stelle möglich sei.
Gleichzeitig solle aber die gewerbliche Nutzung nur in dem
dafür unbedingt notwendigen Umfang eingeschränkt werden,
da der Planbereich einen der wenigen noch relativ
uneingeschränkten Gewerbenutzungsbereiche innerhalb des
Stadtgebiets von Offenbach darstelle. Eine Zunahme von
Wohngebäuden müsse daher ausgeschlossen werden (so BI. 3,
4 der Begründung des Bebauungsplans).
Eine im Interesse der Antragstellerin angestrebte planungsrechtliche Absicherung der
genehmigten Wohnnutzung durch die Ausweisung eines allgemeinen
Wohngebietes hat die Antragsgegnerin verworfen, weil die
vorhandenen Wohnhäuser in dem Bereich zwischen der
M. Straße mit ihrem hohem Verkehrsaufkommen und
der Bahnlinie Frankfurt am Main - Bebra
mit ihrer dichten Zugfrequenz - insbesondere durch nächtlichen
Güterverkehr -
bereits erheblichen Vorbelastungen
ausgesetzt seien. Die Einhaltung der städtebaulichen
Orientierungswerte nach dem Beiblatt zur DIN 18005 wäre - so
die Begründung des Bebauungsplans - nur
durch er hebliche
Aufwendungen an aktiven Lärmschutzmaßnahmen an der
Bahnstrecke sowie an der M. Straße und am B. Weg denkbar.
Wegen der Grundstücksverhältnisse sei eine aktive
Lärmschutzanlage zu dem östlich angrenzenden
Betriebsgelände T. nicht denkbar. Zugleich hat die
Antragsgegnerin in die Abwägung eingestellt, dass jegliche
Absicherung sowie Ausweitung von Wohnhäusern mit weiteren
Einschränkungen für die angrenzende gewerbliche Nutzung
verbunden wäre, was vor dem Hintergrund der oben dargestellten
besonderen Bedeutung der gewerblichen Nutzung in diesem Bereich
für die Stadt Offenbach problematisch sei. Auch nach den Vorgaben des
Flächennutzungsplans und des Regionalen Raumordnungsplans
solle in dem entsprechenden Bereich zukünftig gewerbliche
Nutzung erfolgen. Aus diesem Grunde sei die Festsetzung eines
allgemeinen Wohngebiets für die Grundstücke der
Antragstellerin hier nicht in Frage gekommen, da dann eine weitere
Zunahme von Wohnnutzungen letztlich nicht ausgeschlossen werden
könne.
Weiterhin hat die Antragsgegnerin eine
planungsrechtliche Absicherung der Wohnnutzung im Rahmen der
Festsetzung eines Mischgebiets erwogen. Eine derartige Festsetzung ließe
allerdings nach Auffassung der Antragsgegnerin auf Grund der
Verhältnisse am Bodenmarkt voraussichtlich ohnehin nur neue
Wohnnutzung entstehen, die das bestehende Problem noch unnötig verschärfe. Aus diesem
Grund kommt nach der in der Begründung des
Bebauungsplans zum Ausdruck kommenden Einschätzung eine
planungsrechtliche Absicherung der Wohnhäuser durch die
Festsetzung eines Mischgebiets nicht in Frage.
Vor diesem Hintergrund hat sich die
Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise dafür
entschieden, keine weiteren Wohnhäuser in diesem Bereich
zuzulassen, sondern nur dem bestehenden und genehmigten Wohnen
einen relativ störungs- und konfliktarmes Nebeneinander mit
dem Gewerbe zu ermöglichen. Nach der vorumschriebenen
Nutzungsstruktur im Bereich des Plangebiets - wie sie sich im
Übrigen auch anlässlich des informatorischen Rundgangs
während des Termins zur mündlichen Verhandlung am 24.
September 1996 in dem Verfahren 4 N 902/92 dargestellt hat
- befindet sich die Wohnnutzung auf den
Grundstücken M. Straße 319, 319 A und 321 A innerhalb
einer überwiegend gewerblich genutzten Umgebung. Die
Wohnnutzung stellt sich innerhalb
des durch gewerbliche Nutzung geprägten Gebiets als Einsprengsel dar und ist nicht etwa
selbst prägend. Diese tatsächliche Situation wird auch von der Antragstellerin nicht
substantiiert in Zweifel gezogen, so dass sich die geäußerte Auffassung, das Gebiet
werde durch Wohnnutzung geprägt, nicht nachvollziehen lässt. Auch die im Termin
zur mündlichen Verhandlung behauptete gemischte Nutzung auf
den Grundstücken M. Straße 321/323und 323 A
vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die sich als Einsprengsel in
gewerbliche Nutzung darstellenden Wohnbaugrundstücke der
Antragstellerin in das Gewerbegebiet einzubeziehen und den
Interessen der Antragstellerin an der weiteren Erhaltung der
Wohnnutzung durch die genannten Festsetzungen nach § 1 Abs. 10
BauNVO Rechnung zu tragen, kann nach dem oben Gesagten nicht als
sachwidrig oder unverhältnismäßig beanstandet
werden. Dies gilt auch soweit die Antragstellerin die
Notwendigkeit des Einbaus
von Lärmschutzfenstern im Falle der Intensivierung der
Wohnnutzung auf ihren Grundstücken sowie die Begrenzung der
Erweiterungsmöglichkeiten auf eine Geschossfläche von 100
m² als unangemessene Einschränkungen rügt.
Nach § 1 Abs. 10 Satz 2 BauNVO können im Bebauungsplan
nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit von
Erweiterungen und Erneuerungen im Sinne des § 1 Abs. 10 Satz 1
BauNVO getroffen
werden. Die Gemeinden können
danach festsetzen, unter welchen Voraussetzungen Vorhaben im
Zusammenhang mit den vorhandenen baulichen Anlagen zulässig sein sollen (vgl.
Fickert/Fieseler, a. a. 0.,
§ 1 Rdnr. 144.; König/Roeser/Stock, a.a. 0., § 1 Rdnr.
107).
Die Forderung des Einbaus von
Lärmschutzfenstern für den Fall der Erneuerung und
Erweiterung der Wohnnutzung auf den Grundstücken der
Antragstellerin geht zurück auf eine schalltechnische
Untersuchung, die die Antragsgegnerin am 25. Juni 1993 eingeholt
hat. Diese Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass die
Lärmrichtwerte für ein Mischgebiet von 60 dB(A) nachts
und 45 dB(A) tags am Tage am Haus M. Straße 321 A und in der
Nacht am Haus M.
Straße 319 A und 321 A überschritten würden. Die
Beurteilungspegel nachts seien so hoch, dass auch der Richtwert für ein Gewerbegebiet nicht eingehalten
werden könne. Dabei
dominiere der
Verkehrslärm der M. Straße bzw. der
Eisenbahntrasse Frankfurt
am Main - Bebra.
Da kaum aktive Lärmschutzmaßnahmen möglich seien,
müssten passive Lärmschutzmaßnahmen ergriffen
werden. Im Wesentlichen handele es sich hierbei um die Ausstattung
der Gebäude mit Lärmschutzfenstern.
Die Begrenzung der Geschossfläche für
eine Erweiterung der in den Gebäuden auf den Grundstücken
der Antragstellerin ausgeübten Wohnnutzung ist von dem
anerkennenswerten Bestreben getragen, eine Ausuferung dieser
Nutzung zu Lasten der gewerblichen Nutzung und damit auch eine Veränderung des Charakters des die
Wohnnutzung umgebenden Gewerbegebiets zu verhindern. Ausweislich der Begründung des
Bebauungsplans hat sich die Antragsgegnerin daran orientiert, dass die Erweiterung um 100 m² Geschossfläche
den Einbau einer weiteren Wohnung ermöglicht. Die Begrenzung
der Erweiterungsmöglichkeit der Wohnnutzung um 100 m²
Geschossfläche stellt damit das Ergebnis einer
gerichtlicherseits nicht zu beanstanden Abwägung der
Interessen der Antragstellerin an einer möglichst weitgehenden
wirtschaftlichen Ausnutzung
ihrer Grundstücke mit dem Interessen an einer möglichst
ungehinderten gewerblichen Ausnutzung der übrigen
Grundstücke dar.
Die Angemessenheit des
Abwägungsergebnisses kann schließlich auch nicht deshalb in
Frage gestellt werden, weil das Areal der Firma T., das sich östlich der Grundstücke der
Antragstellerin befindet, momentan nicht genutzt wird und sich als
Gewerbebrache darstellt. Entscheidend ist, dass die auch
zukünftige gewerbliche Nutzung des Grundstücks den Planungsabsichten der Antragsgegnerin entspricht. Der
Bebauungsplan stellt im Wesentlichen eine Angebotsplanung dar. Zwar
kann ein Bebauungsplan an einem Abwägungsfehler leiden, wenn
von Beginn an mit einer Verwirklichung der Planung nicht gerechnet
werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1993 - BVerwG 4 C 51.91 -, NVwZ 1994; 274;
Urteil vom 29. September 1998 - BVerwG 4
C 30.76 -, BVerwGE 56, 283). Ein derartiger Fall ist
hier allerdings nicht gegeben. Vielmehr besteht sogar die
überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das Grundstück der Firma T. auch
zukünftig wieder gewerblich genutzt wird, was sich daran
zeigt, dass der Konkursverwalter über das Vermögen der Firma T. einen Normenkontrollantrag anhängig
gemacht hat, mit welchem er sich gegen die die gewerbliche Nutzung einschränkenden
Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 521 B wendet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit des
Urteils wegen der Kosten ergibt
sich aus § 187 VwGO i. v. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO
in entsprechender Anwendung.
Die in § 132 Abs. 2
VwGO genannten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision
liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser
Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist beim
Hessischen
Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz
34111 Kassel
durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule einzulegen; juristische
Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können
sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt vertreten lassen. Die Beschwerde muss die Entscheidung
bezeichnen, die angefochten werden soll.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten
nach der Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei
dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. In der
Begründung muss entweder
- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt
werden
oder
- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der
in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen
und die Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung,
oder
- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf
dem die Entscheidung beruhen kann.
Dr. Teufel
Igstadt
Mogk Domann-Hessenauer
Dr. Fischer
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird
auf 40.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
:
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf
§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Senat bewertet die Bedeutung der
Sache für die Antragstellerin auf Grund der von ihr
befürchteten Einschränkungen der Wohnnutzung auf ihren
Grundstücken mit 40.000,-- DM.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25
Abs. 3 Satz 2 GKG).
Dr.
Teufel Igstadt Mogk Domann-Hessenauer
Dr. Fischer
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