Erschließungsbeiträge in Rathäusern
Ausgewählte Rezepte zur Abrechnung
von Erschließungsmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung hessischer
Spezialitäten
von Erich Bauer
Menue
1. Amuse göele
Muß das sein? Alternativen
2. Hors d'oeuvre
Prüfung der Voraussetzungen
3 Entrées
Aufwendungsphase, Verteilungsphase
4. Plat principal
5. Dessert
1. Muß das sein?
Die Verwendung des imperativen Indikativ in §
127 Abs. 1 BauGB stellt klar, daß es nicht ins Ermessen der Gemeinde gestellt
ist, ob sie Erschließungsbeiträge erhebt oder nicht. Der Gesetzgeber geht
vielmehr davon aus, daß Erschließungsbeiträge zwingend zu erheben sind. Nach all
dem, was man so über die Probleme bei der Erhebung von Erschließungsbeiträgen
gehört hat, mag man sich zwar die Eingangsfrage stellen. Wenn die Antwort dann
mehr oder weniger gut verdaut ist, soll diese Schrift sozusagen als Rezeptbuch
dazu dienen, auch das übrige Gericht für alle möglichst verdaulich zu
machen.
Abhandlungen über das Erschließungsbeitragsrecht liegen zum einen
in den Kommentaren zum Baugesetzbuch vor, zum andern aber auch in diversen
Fachbüchern. Von diesen Büchern lohnt eines erwähnt zu sein, nämlich Driehaus,
Hans-Joachim, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, Verlag C.H. Beck,
München 2012. Da man das Buch braucht, wenn man Beiträge erheben will, gleich
die ISBN 978-3-406-62917-4. Driehaus handelt die Thematik der Erschließungsbeiträge
in einer von ihrer Systematik her bestechenden Weise ab, so daß dem eigentlich
literarisch nichts hinzuzufügen wäre - wäre da nicht das Problem des Einstiegs
in die über eintausend Randnummern. In der vorliegenden Schrift wird immer
wieder auf diese Randnummern verwiesen. Für denjenigen, der - aus welchen
Gründen auch immer - erstmalig oder nach vielen Jahren wieder einmal oder neben
einer Fülle anderer Aufgaben auch mal eine Erschließungsbeitragsabrechnung
machen muß, mag die vorliegende Schrift als Kochrezept dienen, vertiefen muß er
andernorts. Auf Kosten der Systematik wird dabei nach dem zeitlichen Ablauf der
Verwaltungstätigkeit gegliedert.
Kallerhoff hat in DVBl 1991 S.975
kritisiert, daß auf der Grundlage der Rechtsprechung des 8. Senats des
Bundesverwaltungsgerichtes die Abrechnung von Erschließungsbeiträgen zu einer
hochkomplizierten Materie geworden sei, bei der sich oftmals die Frage stelle,
ob der Aufwand für die Ermittlung und Berechnung noch in einem vernünftigen
Verhältnis zum Erfolg stehe. Die Kosten für die Ermittlung der Beiträge betragen
im Falle der Beauftragung externer Büros 1 - 4 % des beitragsfähigen Aufwands.
Hinzu kommen die nicht bezifferbaren Kosten der Verwaltung, die auch im Falle
einer Vergabe der Abrechnung, wenn auch in geringem Umfang, entstehen. In diese
Größenordnung gerät man ohne weiteres, wenn man sich bemüht, zumindest die von
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie die bei Driehaus
erörterten Probleme in der gebotenen Weise abzuarbeiten. Selbstverständlich kann
man sich auch das Baugesetzbuch vornehmen, die dreizehn Paragraphen ab § 123
lesen und dann so abrechnen, wie man meint, daß es richtig sei. Wenn man Glück
hat, legt niemand Widerspruch ein und die Sache ist vergessen. Andernfalls ist
selbstverständlich die Verwaltung die Dumme. Deshalb ist im Folgenden ohne
Anspruch auf Vollständigkeit auf die Probleme hingewiesen, die bei der
Bearbeitung von Erschließungsbeitragsabrechnungen im Auftrag von Städten und
Gemeinden immer wieder auftreten.
Um die angerissenen Probleme gar nicht
erst entstehen zu lassen, ist immer zu empfehlen, eine
Erschließungsbeitragsabrechnung ganz zu umgehen. Dazu gibt es zwei
Möglichkeiten:
1. Die Ablösevereinbarung
2. Den
Erschließungsvertrag
1.1 Ablösevereinbarung
§ 133 Abs. 3 S. 5 BauGB hat folgenden
Wortlaut: "Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des
Erschließungsbeitrags im ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht
treffen."
Die Erfahrungen im Gesamtkomplex von Bauleitplanung,
Baulandumlegung, Erschließungsbeitragsabrechnung lassen sich unschwer wie folgt
zusammenfassen: In der Phase der Planung und Baulandumlegung sind die Eigentümer
insbesondere in Neuerschließungsgebieten regelmäßig an einer zügigen Abwicklung
der Verfahren interessiert, damit alsbald der mehr oder weniger große
wirtschaftliche Vorteil aus der Umwandlung von Ackerland in Bauland realisiert
werden kann. Der Bebauungsplan selbst, die Baugenehmigungsverfahren auf seiner
Grundlage und auch die Baulandumlegungsverfahren werden daher relativ selten auf
den Prüfstand der Gerichte gebracht. Wenn aber nach erfolgter Investition die
Belastungen drücken und dann nach einigen Jahren auch noch ein Beitragsbescheid
ins Haus flattert, ist die Neigung zum Widerspruch ungleich größer. Vor dem
Hintergrund dieser Erfahrung empfiehlt es sich aus der Sicht der Gemeinden, die
Frage der Erschließungskosten möglichst frühzeitig innerhalb des geschilderten
Gesamtprozesses endgültig zu lösen. Dazu bietet sich die Ablösevereinbarung
an.
Die Ablösevereinbarung, für die auf einen Mustertext des Hessischen
Städte- und Gemeindebundes zurückgegriffen werden kann, regelt die Zahlung eines
bestimmten Betrags an die Gemeinde. Die Gemeinde als Bauherr baut damit die
Erschließungsanlagen in eigener Regie aus. Sie hat so einerseits die
Möglichkeit, die Anlagen nach den Qualitätskriterien bauen zu lassen, die sie
für angemessen hält, andererseits hat sie aber auch die Last der
Bauherrentätigkeit. § 11 der Mustersatzung des Hessischen Städte- und
Gemeindebundes wird allgemein als ausreichende "Bestimmungen über die Ablösung"
im Sinne des § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB angesehen. Zudem hat das
Bundesverwaltungsgericht eine relativ hohe Toleranzschwelle gesetzt, was die
Schätzfehler bei der Festlegung des Ablösebetrages angeht. Würde sich nach dem
Bau der Anlage im Falle einer Abrechnung eine Unterschreitung des vertraglich
festgelegten Ablösebetrages um bis zur Hälfte oder aber eine Überschreitung um
bis zum Doppelten ergeben, so ist innerhalb dieser Grenzen kein Raum für
Rückzahlungsansprüche der Grundstückseigentümer aber auch nicht für
Nachforderungen der Gemeinde. Im gleichen Vertrag können auch landesrechtliche
Entwässerungs- und Wasserversorgungsbeiträge und die Kostenerstattung nach §
135a BauGB abgelöst werden. Im Ablösevertrag ist auch die Übernahme des
Eigenanteils durch die Gemeinde zu regeln.
Es ist zu empfehlen, auf jeden Fall
derartige Ablösevereinbarung anzustreben und dies etwa in der zeitlichen Phase
des Umlegungsverfahrens zu tun, in der, wie dargelegt, die
Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer noch sehr hoch ist. Auf diese
Mitwirkungsbereitschaft ist die Gemeinde nämlich angewiesen, da der
öffentlich-rechtliche Vertrag der Ablösevereinbarung nur auf freiwilliger Basis
geschlossen werden kann. Falls nur einzelne Eigentümer nicht zum
Vertragsabschluß bereit sein sollten, können mit den übrigen Verträge
geschlossen werden. Allerdings muß wegen der Verweigerer später zusätzlich eine
Verteilungsberechnung vorgenommen werden. Ablösevereinbarungen können nicht mehr
getroffen werden, wenn die sachlichen Beitragspflichten bereits entstanden sind. Der Beitrag
kann auch immer nur im ganzen abgelöst werden. Eine Ablösung für
Teileinrichtungen wie Fahrbahnen oder Gehwege im Sinne einer Kostenspaltung ist
nicht möglich.
Eine Ablösevereinbarung kann wie jeder
öffentlich-rechtliche Vertrag vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Wie
lange dies nach dessen Abschluß noch mit Erfolg möglich ist, war strittig. Das OVG Lüneburg hat
in der Entscheidung 9 A 220/86 vom 13.11.1990, NVwZ-RR 1991, S. 425 die
fünfjährige Verjährung nach § 228 der Abgabenordnung auf Rückforderungen aus Ablösevereinbarungen
angewendet, so daß auch hier in überschaubaren Zeiträumen Rechtsfrieden
herrschen dürfte. In gleicher Weise hat für Hessen das VG Frankfurt in dem
unveröffentlichten Urteil 6 E 3152/96 vom 15.4.1997
entschieden.
Insbesondere in den Fällen, in denen Bauträger oder
Bauunternehmungen selbst bereits großflächig Grundstückseigentümer sind, wird
von privater Seite eher der Abschluß eines Erschließungsvertrages angestrebt,
bei dem nämlich im Gegensatz zur Ablösevereinbarung der Private der Bauherr der
Erschließungsmaßmaßnahme ist und deshalb die Möglichkeit hat, ggf. selbst
billiger zu bauen oder aber seine Preisvorstellungen härter durchzusetzen, als
dies eine an die VOB gebundene Gemeinde tun kann.
1.2 Erschließungsvertrag
Im Erschließungsvertrag, für den es
ebenfalls ein Vertragsmuster des Hessischen Städte- und Gemeindebundes gibt,
verpflichtet sich ein Dritter, meist ein Eigentümer größerer Flächen im
Erschließungsgebiet zum Bau der Erschließungsanlagen nach Vorgabe der Gemeinde
und zur anschließenden Übergabe an die Gemeinde. Da bekanntlich Vertrauen gut,
Kontrolle aber besser ist, empfiehlt es sich, in diesen Fällen die vertraglich
möglichst exakt beschriebene Art und den Umfang der Ausführung der Baumaßnahmen
auch intensiv zu überwachen, wodurch sich dann ein Vorteil gegenüber der
Ablösevereinbarung, nämlich die geringe Arbeitsbelastung der Verwaltung als
Bauherr teilweise wieder aufhebt.
Im Erschließungsvertrag kann - anders
als in der Ablösevereinbarung - vereinbart werden, daß die Gemeinde keinen
Eigenanteil an den Kosten übernimmt. Auch kann die Erstellung solcher Anlagen
durch den Unternehmer vereinbart werden, für die Beiträge sonst nicht erhoben
werden könnten, wie beispielsweise für Brücken und
Spielplätze.
Bezugsgrundlage beim Abschluss eines Erschließungsvertrags sollte eine
bereits vorliegende Entwurfsplanung sein. Grundlage für die Vertragserfüllung
durch den Unternehmer ist auf jeden Fall auch ein rechtswirksamer Bebauungsplan
oder die Erfüllung der in § 125 Abs. 2 BauGB genannten Voraussetzungen, denn die
Vorschrift des § 125 BauGB gilt im Falle des Erschließungvertrages ebenso wie im
Falle einer Beitragsabrechnung. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses müssen
diese Voraussetzungen jedoch noch nicht vorliegen.
Beinhaltet der
Erschließungsvertrag auch die Übereignung der zukünftigen Erschließungsanlagen
an die Gemeinde, ist § 311b BGB zu beachten. Ohne notarielle Urkunde wäre ein
derartiger Erschließungsvertrag nämlich unwirksam. Da lediglich die Übertragung
der Erschließungsanlage ins Eigentum der Gemeinde notarpflichtig ist, empfiehlt
es sich, in derartigen Fällen zwei getrennte Verträge zu schließen, nämlich
einen über die Baumaßnahme und einen anderen zur Übertragung der
Grundstücksflächen. Andernfalls berechnet der Notar seine Gebühren aus der
Gesamtsumme, also einschließlich der Baukosten, da er selbstverständlich auch
derartige Geschäfte auf Wunsch der Vertragspartner beurkundet. Notare warnen vor
einer solchen Vertragsaufspaltung. Honni soit, qui mal y pense. Einerseits ist
an dieser Warnung richtig, dass der Formzwang für alle Rechtsgeschäfte gilt, die
zumindest für einen Vertragsbeteiligten in einem untrennbaren Zusammenhang mit
dem Grundstücksgeschäft stehen. Andererseits wird nach § 311b Abs.1 Satz 2 BGB ein ohne
Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag seinem ganzen Inhalte nach gültig,
wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Sparsame, ohne
Notar handelnde Partner eines Vertrags über die reine Baumaßnahme, müssen also
bis zur Wahrung des notariellen Grundstücksvertrages im Grundbuch bangen, falls
in dieser Zeit Leistungsstörungen auftreten. Da diese meist beim
Erschließungsträger auftreten, steht schlimmstenfalls die Gemeinde ohne die
vertraglich vereinbarten Sicherungen da, muß die Erschließungsmaßnahme - ohne
auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft zurückgreifen zu können - selbst mit
eigenen Geldmitteln zu Ende bringen und anschließend Beitragsbescheide
verschicken, wobei sie dann auch ihren mindestens zehnprozentigen Eigenanteil
tragen muß. Dass die Gemeinde bei Ausfall des Erschließungsträgers nur
weiterbauen darf, nachdem sie Eigentümerin der Erschließungsfläche geworden ist,
dürfte aus der Sicht der Gemeinde nicht weiter schlimm sein. Erfahrungsgemäß ist
nämlich nicht die Gemeinde vorrangig am Erwerb des Straßenlandes interessiert,
sondern der Erschließungsträger daran, dieses an die Gemeinde los zu
werden.
2. Prüfung der Voraussetzungen für die Beitragserhebung
Zunächst
stellt sich die Frage, was überhaupt abgerechnet werden soll. Umgangssprachlich
wird oft davon gesprochen, daß ein Baugebiet abzurechnen sei. Ein Baugebiet kann
jedoch weder sachlich noch räumlich einheitlich abgerechnet werden. Für ein
Baugebiet können auch keine Beitragspflichten entstehen, sondern immer nur für
Grundstücke.
2.1 Sachliche Abgrenzung
Sachlich ist die Erhebung von
Entwässerungsbeiträgen oder Wasserversorgungsbeiträgen ein
Beitragserhebungsverfahren auf der Grundlage des Hessischen
Kommunalabgabengesetzes, während die Erschließungsanlagen im Sinne des § 127
BauGB nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs abzurechnen sind. Hat eine
Gemeinde in einem Neubaugebiet Entwässerungsbeiträge erhoben, was regelmäßig
früher möglich sein wird als die Erhebung der Erschließungsbeiträge und hat sie
aus Anlaß dieser Beitragserhebung den Entwässerungsbeitrag neu kalkuliert, bei
dieser Kalkulation aber irrtümlich auch die Entwässerung der
Erschließungsanlagen in die Einheitssätze mit eingerechnet und ist diese
Beitragserhebung ohne Widersprüche rechtswirksam geworden, so besteht später bei
der Erhebung von Erschließungsbeiträgen keine Veranlassung, die Sache neu
aufzurollen. Die Kosten für die Entwässerung der Erschließungsanlagen sind dann
als "anderweitig gedeckt" im Sinne von § 129 Abs. 1 BauGB anzusehen.
Bei
Straßen, die in der Örtlichkeit zwar "da" sind, nun aber "richtig" ausgebaut
werden, stellt sich die Frage, ob Erschließungsbeiträge oder nur Ausbaubeiträge
nach dem KAG (siehe dazu) erhoben werden können. Die Gemeinde, die hier falsch abrechnet,
nämlich nach dem BauGB und sich dies im Prozeß vorhalten lassen muß, ist
relativ gut dran, wenn sie über eine Straßenbeitragssatzung verfügt, denn
die Gerichte sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes
verpflichtet, die teilweise Aufrechterhaltung des Bescheides als KAG-Beitrag
von sich aus zu prüfen.
In sachlicher Hinsicht ist bei der Erhebung
bundesrechtlicher Erschließungsbeiträge auch zu fragen, welche der in § 127 Abs.
2 Ziffer 1 bis 5 BauGB aufgeführten Anlagen abzurechnen sind. Stichwortartig
sind dies folgende fünf Typen von Anlagen:
1. Die Straßen
2. Die Fußwege
3. Die Sammelstraßen
4. Die
Parkflächen und Grünanlagen
5. Die Immissionsschutzanlagen
Der
Blick ins Gesetz und die einschlägige Kommentierung zeigt eine Fülle von
Abgrenzungs- und Differenzierungsproblemen in diesen Bereichen auf, auf
die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Erschließungsanlagen, die
in unterschiedlichen Ziffern des § 127 Abs. 2 genannt sind, können nicht
gemeinsam abgerechnet werden. Sammelstraßen, Parkplätze und Fußwege sind
meist entgegen dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 BauGB nicht beitragsfähig,
weil der Kreis der von ihnen erschlossenen Grundstücke nicht mit hinreichender
Sicherheit bestimmt werden kann, Driehaus, § 2, Rd.-Nr. 52.
2.2 Räumliche Abgrenzung
Die räumliche Abgrenzung ist in der
Praxis von entscheidender Bedeutung und zwar nicht erst bei der
Beitragserhebung, sondern bereits bei Planung und Vergabe der Bauarbeiten.
Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt sollte die für die Beitragserhebung
zuständige Stelle in Zusammenarbeit mit der oft organisatorisch von ihr
getrennten technischen Abteilung Übereinstimmung darüber erzielen, ob einzelne
Anlagen abgerechnet werden und wie sie untereinander abzugrenzen sind, ob
Abschnitte im Sinne von § 130 Abs. 2 S. 1 BauGB gebildet werden oder
Erschließungseinheiten im Sinne von § 130 Abs. 2 S. 3 BauGB. Wird auf diese
räumliche Abgrenzung bereits bei der Planung und Ausschreibung Rücksicht
genommen, ergeben sich bei der späteren Zusammenstellung der Aufwendungen
wesentliche Erleichterungen, insbesondere entfallen die Zweifelsfragen die sonst
auftreten, wenn eine Unternehmerrechnung mehrere Erschließungsanlagen betrifft
und deshalb nachträglich aufgrund des Aufmaßes auseinandergerechnet werden muß.
Der Gesetzgeber geht als Regelfall von der Abrechnung der einzelnen
Erschließungsanlage aus. Der gesetzliche Regelfall ist also nicht etwa wie es
die kommunale Bauleitplanung nahelegt, die Abrechnung eines Baugebietes
insgesamt. Da für den Bürger und den Kommunalpolitiker diese gebietsweise Sicht
aber im überwiegenden Teil der Fälle die naheliegendere ist, wird üblicherweise
überlegt, ob die Bildung einer Erschließungseinheit in Frage kommt. § 130 Abs. 2
Satz 3 BauGB ermöglicht es, für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der
Grundstücke eine Einheit bilden, den Erschließungsaufwand insgesamt zu
ermitteln. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hatte hier jedoch enge
Grenzen gezogen. Nach dieser Rechtsprechung konnten nur solche Anlagen zu einer
Einheit zusammengefaßt werden, die in einem funktionellen
Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Ein
Neubaugebiet, das an mehreren Stellen mit dem bestehenden Straßennetz verknüpft
ist, wird nicht als funktionelle Einheit anzusehen sein. Denkbar ist die Zusammenfassung einer Hauptstraße mit einer oder mehreren davon abgehenden Stichstraßen und/oder
mit einer oder mehreren von ihr abgehenden Schleifenstraßen, die wieder
in sie einmünden. In diesen Fällen sind die von der Hauptstraße abgehenden
selbständigen Straßen auf die jeweilige Hauptstraße angewiesen. Aber auch diese
Fälle können für eine Einheitsbildung ausfallen, nämlich dann, wenn die
Nebenstraße aus besonderen Gründen so teuer wird, daß der Beitrag für einen
Beitragspflichtigen an der Hauptstraße durch die Zusammenfassung zu einer
Erschließungseinheit höher wäre, als im Falle der Einzelabrechnung. Umgekehrt meint das BVerwG im Urteil 9 C 2.08 vom 10.06.2009, "dass das einer Gemeinde eingeräumte Ermessen bei der Entscheidung über die Zusammenfassung von zwei (oder weiteren) selbstständigen Erschließungsanlagen zu einer Erschließungseinheit grundsätzlich dann auf Null reduziert ist, wenn bei getrennter Abrechnung die Grundstücke, die an der einen, regelmäßig aufwändiger hergestellten Anlage (Hauptstraße) liegen, im Vergleich mit den Grundstücken an der anderen, regelmäßig weniger aufwändig hergestellten und funktional abhängigen Anlage (Nebenstraße) mit um mehr als ein Drittel höheren Kosten belastet würden, bemessen nach dem für die jeweilige Erschließungsanlage sich ergebenden Beitragssatz in € pro m² beitragspflichtiger Veranlagungsfläche." Der Entscheidung dürfte zu entnehmen sein, dass in einem solchen Fall der zwingenden Zusammenfassung auch kein förmlicher Beschluss dazu nötig ist. Problematisch ist aber die Anknüpfung an den Beitragssatz in € pro m² beitragspflichtiger Veranlagungsfläche. Nach den in Hessen üblichen Satzungen ist nämlich für jede einzelne Erschließungsanlage zunächst zu entscheiden, ob die Verteilung bei einheitlicher Nutzung im Abrechnungsgebiet nach dem Grundstücksflächenmaßstab erfolgen soll oder bei unterschiedlicher Nutzung nach dem Geschossflächen- bzw. dem Nutzungsfaktorenmaßstab. Wenn nun bei Haupt- und Nebenstraße unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden sind, versagt das vom BVerwG eingeführte Bemessungskriterium. Den aktuellen Stand seiner Überlegungen zur Erschließungseinheit hat das BVerwG in der Entscheidung 9 C 1.12 vom 21.01.2013 zusammengefasst.
Das Damoklesschwert der gerichtlichen Überprüfung darf also nicht automatisch dazu führen, daß nun generell die einzelne Anlage
abgerechnet wird. In modernen Baugebieten, die nicht mehr die klassische
Rastererschließung aufweisen, ist nämlich die Frage der Abgrenzung der einzelnen
Erschließungsanlagen untereinander oft mindestens ebenso schwierig zu
beantworten, wie die, ob ein funktioneller Zusammenhang zwischen den einzelnen
Anlagen und somit die Berechtigung oder gar zur Verpflichtung zur Bildung einer Erschließungseinheit
vorliegt. Die Abgrenzung einzelner Anlagen voneinander ist nach der sogenannten "natürlichen
Betrachtungsweise" vorzunehmen.
Ein weiteres Abgrenzungsproblem sind die
Stichstraßen mit der Frage, ob es sich um eine selbständige Stichstraße handelt
mit der Folge, daß ihre Kosten nur auf die von ihr erschlossenen Grundstücke zu
verteilen sind oder ob die Stichstraße ein unselbständiger Teil einer anderen
Erschließungsstraße ist, mit der Folge, daß Stichstraße und Straße, in die sie
einmündet, kostenmäßig auf alle von beiden Straßen erschlossene Grundstücke zu
verteilen ist, Driehaus, § 12, Rd.-Nr. 14 ff. Die Rechtsprechung hat zwar mit einen
Faustwert von ca. 100 m Länge der Stichstraße für die Abgrenzung einen
Anhaltspunkt gegeben. Bei Stichstraßen, die etwa diese Länge haben, dürfte die
Entscheidung vor Ort jedoch immer sehr problematisch sein. In Zweifelsfällen,
sollte jeweils der Lösung der Vorrang gegeben werden, bei der die Kostenmasse
auf möglichst viele Grundstücke verteilt wird.
2.3 Satzungsrecht
Abgerechnet werden kann eine
Erschließungsanlage nur, wenn auch eine Erschließungsbeitragssatzung (EBS)
existiert und diese Satzung die jeweilige Anlage auch erfaßt. Die Existenz einer
EBS wird in dieser Schrift ebenso vorausgesetzt, wie die gelegentliche
Aktualisierung dieser Satzung auf der Grundlage der Mustersatzung des Hessischen
Städte- und Gemeindebundes. Es ist allerdings nicht geboten, vor jeder
Abrechnung die Satzung anhand der neuesten Erkenntnissen aus der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Gültigkeit bestimmter Satzungsregelungen
juristisch überprüfen zu lassen. Sollten sich hier in späteren
Rechtstreitigkeiten Probleme ergeben, kann theoretisch in den meisten Fällen
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis in die
Revisionsinstanz durch rückwirkenden Erlaß einer neuen Satzung geheilt werden.
Auf diese Möglichkeit kann eine Gemeinde aber seit dem Inkrafttreten der 6.
Änderung der VwGO im Regelfall praktisch nur noch bis zur mündlichen Verhandlung
in der ersten Instanz zurückgreifen.
Eine besondere Satzung dürfte
regelmäßig zur Abrechnung einer Immissionsschutzanlage notwendig werden. Eine
Sondersatzung ist auch notwendig, wenn eine Straße abweichend von den in der EBS
generell geregelten Merkmalen der endgültigen Herstellung ausgebaut werden soll,
beispielsweise wenn der einheitliche Ausbau ohne beidseitige Bordsteine und
Gehwege gewählt wurde, das Vorhandensein dieser Einrichtungen aber, wie in
Hessen üblich, als Merkmal der endgültigen Herstellung in der Satzung geregelt
ist.
Zu prüfen ist, ob die Straße selbst im Geltungsbereich eines
Bebauungsplanes liegt (Planerfordernis). Ist dies der Fall, ist zu fragen, ob
sie gegebenenfalls abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplanes
ausgebaut ist (Planbindung). Letzteres wäre für die beiden in § 125 Abs. 3
Ziffer 1 und 2 BauGB genannten Fälle, in denen der Ausbau hinter den
Festsetzungen zurückbleibt oder aber keine höhere Belastung als im Falle des
plangemäßen Ausbaues auftritt, unschädlich. Falls diese beiden Sonderfälle nicht
vorliegen, muß der Bebauungsplan geändert werden. Dieses Änderungsverfahren
könnte im übrigen noch während eines Rechtstreits bis zur Berufungsinstanz
abgeschlossen werden. Die Heilung eines vom Bebauungsplan abweichenden Ausbaus
durch Rückgriff auf § 125 Abs. 2 BauGB dürfte bei vorhandenem Bebauungsplan
schon wegen des klaren Wortlautes der Vorschrift nicht in Frage
kommen.
In der Regel ist die Einteilung der Straße in Gehwege, Radwege
und Fahrbahn übrigens nicht satzungsrechtlicher Inhalt des Bebauungsplanes, so
daß eine Abweichung von einer Planzeichnung, die diese interne Einteilung des
Straßenraums lediglich als Hinweis beinhaltet, unschädlich ist. Anders wäre es,
wenn wirklich Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung gemäß § 9 Abs. 1 Ziffer
11 BauGB regelrecht festgesetzt wären.
Bis zum Inkrafttreten des
Baugesetzbuches in der Bekanntmachung vom 27.08.1997 am 01.01.1998 bedurfte der
Bau einer Erschließungsstraße in einem Bereich, in dem kein Bebauungsplan
vorhanden war, in der Regel der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde.
Dieses Zustimmungsverfahren konnte nach Auffassung des Bundesgesetzgebers
nunmehr in gleicher Weise entfallen wie das bisherige Anzeigeverfahren für
Bebauungspläne. Insofern wird eine staatliche Kontrolle des gemeindlichen
Planungshandels nicht mehr für notwendig erachtet. Nach dem neuen Abs. 2 des §
125 BauGB dürfen seit dem 01.01.1998 Erschließungsanlagen nur hergestellt
werden, wenn sie den in den § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB bezeichneten Anforderungen
entsprechen, also den allgemeinen materiellen Grundsätzen der Bauleitplanung.
Eine formelle Prüfung, ob diese Grundsätze eingehalten sind, findet nach dem
Gesetzeswortlaut nicht mehr statt.
Hier sind zunächst bei der Frage des
Übergangsrechts unterschiedliche Interpretationen bekannt geworden. Stadler:
Umlegungsrecht und Erschließungsrecht - Änderungen durch die BauGB-Novelle 1998,
ZfBR 1998 S. 12, will die Überleitungsregelung des § 233 Abs. 1 BauGB so
angewendet werden wissen, daß sich vor dem 01.01.1998 begonnene
Erschließungsmaßnahmen noch nach altem Recht richten sollen, daß dafür also die
Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde notwendig sei. Dies ist nach der hier
vertretenen Ansicht abzulehnen. Mit "Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem
Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind", im Sinne
des § 233 Abs. 1 BauGB sind nicht tatsächliche Baumaßnahmen gemeint,
sondern Verwaltungsverfahren zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen. Ein
Beitragsbescheid, der nach dem 01.01.1998 erlassen wurde, ist also auch dann
rechtmäßig, wenn die mit ihm abgerechnete Anlage ohne Zustimmung der höheren
Verwaltungsbehörde errichtet wurde, materiell aber die vom Gesetz geforderten
Kriterien einhält.
Ein
weiteres Problem scheint sich durch die Vortrags- und Lehrtätigkeit von
Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Driehaus in diesem Bereich aufzutun. Diese
- für das Erschließungsbeitragsrecht ja nicht unbedeutende - Stimme bedauert
den Wegfall der bisherigen formellen Zustimmung, die - als Verwaltungsakt
einmal in Bestandskraft erwachsen - den Gemeinden auch die Sicherheit vor
späteren rechtlichen Angriffen gegen die Rechtmäßigkeit der Erschließung
gegeben habe. Diese Schutzwirkung sei nun nicht mehr gegeben. Soweit ist
Driehaus auch nach der hier vertretenen Ansicht zuzustimmen. Er schließt
dann aber üblicherweise Überlegungen darüber an, daß nunmehr die Gemeinde
im Sinne einer Bebauungsplanbegründung zu dokumentieren habe, daß die Kriterien
des § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB eingehalten sind und daß diese Begründung sogar
formal von dem sonst für bauleitplanerische Abwägungen zuständigen Gemeindeorgan,
nämlich in der Regel vom Rat selbst, beschlossen werden müsse. Dieser Auffassung
ist zu widersprechen. Weder aus dem Gesetzeswortlaut des Baugesetzbuches
noch mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsstreitverfahren
ist ein so weitgehender Verfahrensaufwand ableitbar, so im Ergebnis zunächst auch
OVG Münster, Urteil vom 29.11.2002, 3 A 3710/99. Vom Sinn der Gesetzesänderung
her, wie er beispielsweise bei Lüers: Die Änderungen des Baugesetzbuchs
durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 BauROG-Teil 2, ZfBR 1997 S. 275,
beschrieben ist, ist vom Gesetzgeber gerade das Gegenteil von dem beabsichtigt,
was Driehaus nun als Konsequenz aus der Gesetzesänderung für notwendig erachtet.
In mehreren Bundesländern sind aber die jeweiligen Oberverwaltungsgerichte der Meinung, dass nach dem Wegfall einer aufsichtbehördlichen Prüfung nun durch die Gemeinde selbst formell geprüft werden müsse, ob die abzurechnende Erschließungsanlage den Anforderungen des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB genügt, so inzwischen auch OVG Nordrhein -Westfalen, Urteil vom 08.05.2009, 15 A 770/07. Danach habe der Rat wie in der Bauleitplanung eine Abwägung zu treffen. Die Zuständigkeit könne allerdings auf einen Ausschuss oder die Verwaltungsbehörde der Gemeinde übertragen werden. Eine Prüfung durch die Verwaltung ohne eine förmliche Übertragung der Aufgabe durch den Rat reiche danach nicht aus.
Aus Hessen sind derartige Entscheidungen bisher nicht bekannt. Da sich aber die Vorschriften der Gemeindeordnungen Nordrhein-Westfales und Hessens diesbezüglich inhaltlich nicht unterscheiden, empfiehlt es sich, sicherheitshalber auch in Hessischen Städten und Gemeinden entsprechende Abwägungsbeschlüsse zu fassen.
2.4 Weitere Voraussetzungen
Weitere Voraussetzung für die
Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ist die Widmung bei Straßen. Nur durch
sie entstehen öffentliche Straßen im Sinne von § 127, Abs. 2 BauGB. Ist die
Straße auf der Grundlage eines Bebauungsplanes gebaut, bedarf es in Hessen
keines besonderen Widmungsaktes. Gemäß § 2 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes
gilt eine auf der Grundlage eines Bebauungsplanes gebaute Straße mit ihrer
Verkehrsübergabe als gewidmet. Liegt kein Bebauungsplan vor, muß diese Widmung
nach den Vorschriften des Hessischen Straßengesetzes förmlich vorgenommen
werden. Eine vergessene Widmung kann bis ins gerichtliche Verfahren hinein noch
nachgeholt werden.
Die Beitragspflicht kann nur entstehen, wenn die
Anlage endgültig hergestellt ist. Dazu muß sie technisch mit den in der EBS
genannten Merkmalen fertig hergestellt sein, beispielsweise mit beidseitigem
Bürgersteig. Ist der Ausbau anders erfolgt, muß eine Abweichungssatzung erlassen
werden, was, falls es vergessen wurde, ebenfalls noch während des gerichtlichen
Verfahrens nachgeholt werden kann. Auch die weiteren sachlichen
Herstellungsmerkmale, etwa das Vorhandensein der Beleuchtung und der
Entwässerung müssen erfüllt sein. Ist der Grunderwerb unter den Merkmalen der
endgültigen Herstellung der EBS aufgeführt, so muß auch dieser abgeschlossen
sein. Im Hinblick auf den Beginn der Festsetzungsverjährung kommt es aber nicht
auf den Abschluß der Arbeiten im Gelände an, sondern auf den Eingang der letzten
prüffähigen Unternehmer-, Ingenieur- bzw. Notarrechnung.
Probleme können auftreten, wenn ein möglicherweise langjähriger Rechtstreit zwischen der Gemeinde und einem
Unternehmer über die Höhe einer Rechnung schwebt und die Gemeinde für die Abrechnung der Beiträge etwa den Ausgang dieses Streits abwarten will. Da die sachlichen Beitragspflichten in der Regel mit dem Eingang der letzten prüffähigen Unternehmerrechnung entstehen, beginnt auch am 1. Januar des Folgejahres der Lauf der vierjährigen Festsetzungsverjährung unabhängig davon, ob die prüffähige Rechnung auch richtig ist. Hier sei auf die Möglichkeit
hingewiesen, vorläufige Bescheide im Sinne von § 165 der Abgabenordnung zu
erlassen. Folgt auf einen derartigen vorläufigen Bescheid später der endgültige
Bescheid in einer anderen Höhe als der vorläufige, weil der Zivilrechtstreit mit
dem Unternehmer in einer von der Gemeinde beim Erlaß der vorläufigen Bescheide
nicht vorausgesehenen Weise beendet wurde, so kann mit Rechtsmitteln nur die
Höhe dieses Änderungsbetrages überprüft werden, nicht aber wiederum das gesamte
Beitragserhebungsverfahren.
Die Bildung von Abschnitten und
Erschließungseinheiten kann zeitlich nur vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten
für die Einzelanlage erfolgen. Ist dieser Zeitpunkt versäumt, ist nur die
Einzelabrechnung möglich. Eine derartige Einzelabrechnung ist dann auch nicht
rechtswidrig. Es besteht nämlich kein Rechtsanspruch auf die
Ermessensentscheidung für eine Abschnitts- oder
Erschließungseinheitsbildung.
3. Aufwendungsphase, Verteilungsphase
3.1 Aufwendungsphase (Beispiel Straße)
3.1.1 Mögliche Aufwendungen
Die folgende Liste möglicher
Aufwendungen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie kann jedoch dazu
beitragen, daß nichts vergessen wird.
- Abbrucharbeiten einschließlich Genehmigungsgebühr für den Abbruchantrag, Bauleitung bei Abbrucharbeiten,
Deponiegebühr
- Baumfällarbeiten
- Grundstückskaufpreis, bzw. Wert der aus Fiskalvermögen bereitgestellten
Flächen
- Entschädigungen für Grundstückseinfriedigungen, Bewuchs
- Kosten der Teilungsvermessung
- Notargebühren
- Grundbuchkosten
- Ingenieurkosten für Entwurf und Ausschreibung, incl. Bodengutachten
- Ingenieurkosten für Bauleitung
- Vermessungskosten für Grenzanzeigen
- Vermessungskosten für Ingenieurvermessung
- Kosten von Ausgleichsmaßnahmen nach dem Naturschutzgesetz einschließlich
Planungskosten
- Ausgleichsabgabe nach dem Naturschutzgesetz einschließlich Gebühren
dafür
- Veröffentlichungskosten für Ausschreibungen
- Materiallieferung und Bauleistungen für
Unterbau,
Tragschichten,
Decken,
Stützmauern und
Böschungen
Umbau des Knotens mit der klassifizierten Straße
(Linksabbiegespuren),
Entwässerungseinrichtungen,
Beleuchtung
Nicht
zu den umlagefähigen Kosten gehören beispielsweise die Kosten die dadurch
entstehen, daß die Beitragsabrechnung wegen des Umfangs dieser Arbeiten nicht
durch die Verwaltung selbst sondern durch ein beauftragtes Büro durchgeführt
wird. Auch die Kosten für die Aufstellung des Bebauungsplanes gehören nicht
dazu.
3.1.2 Straßenentwässerung und -beleuchtung
Da nach den
Vorschriften des BauGB nur die Entwässerung der Erschließungsanlagen selbst
abgerechnet werden kann, nicht jedoch die Entwässerung der angrenzenden
Grundstücke, ist zunächst darauf zu achten, daß alle Kosten, die eindeutig
abgrenzbar nur für Entwässerungsmaßnahmen an der Erschließungsanlage auftreten,
getrennt erfaßt werden. Dies gilt insbesondere für die Straßeneinläufe und die
Verbindungsrohre von diesen Einläufen zu dem Entwässerungskanal in der
Straßenlängsachse. Dient dieser Kanal nur der Entwässerung der Straße, liegt die
Sache insofern einfach. Im Fall des Trennsystems dient er aber auch regelmäßig
der Regenwasserentwässerung der erschlossenen Grundstücke, im Mischsystem
zusätzlich der Schmutzwasserentwässerung. In diesen Fällen muß nach Driehaus, §
13, Rd-Nr. 72 ff in der dort im einzelnen beschriebenen Weise eine
Fiktivberechnung vorgenommen werden, um den Kostenanteil der bundesrechtlichen
Erschließungsmaßnahme am gemischt genutzten Kanal festlegen zu können.
Erfahrungsgemäß liegt dieser Anteil bei Mischsystemen nicht sehr weit von dem in
der Praxis oft verwendeten Schätzwert von 1/3 entfernt. Wer diesen Faustwert
ansetzt, ohne eine Fiktivberechnung vorlegen zu können, muß jedoch bei
gerichtlicher Überprüfung mit einer Aufhebung des Bescheids insoweit rechnen. In
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen halten die Oberverwaltungsgerichte
Driehaus' "Dreikanalmethode" für falsch und eine "Zweikanalmethode" für
maßgebend, Driehaus, § 13, Rd-Nr. 77.
Die Kosten nicht nur der Entwässerungsleitungen innerhalb des abzurechnenden Straßenkörpers können
umgelegt werden, sondern auch der Verbindung dieses Kanals mit dem übrigen
Entwässerungssystem. Dies soll nach Driehaus, § 13, Rd-Nr. 68 aber nur möglich
sein, wenn rechtzeitig vor Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine
sogenannte Entwässerungssystementscheidung getroffen und aktenkundig gemacht
wurde.
Wegen der Parallelbehandlung der Straßenentwässerung und der
Straßenbeleuchtung in § 128 Abs. 1 Z. 2 BauGB gilt entsprechendes für die
Straßenbeleuchtung. Wenn etwa in anderen Straßen erst ein Kabel verlegt werden
muß, um die Beleuchtung der eigentlich abzurechnenden Erschließungsanlage zu
ermöglichen, so gehören die Kosten für eine derartige "Transportleitung" nach
entsprechender Systementscheidung ebenfalls zum Beleuchtungssystem.
3.1.3 Fremdfinanzierungskosten
Wurde auch nur in einem
Rechnungsjahr seit Begleichung der ersten Abschlagsrechnung für eine
Erschließungsmaßnahme der Gemeindehaushalt teilweise fremdfinanziert, so ist es
grundsätzlich möglich, Zinsen in den umlagefähigen Aufwand einzubeziehen;
näheres siehe Driehaus, § 13, Rd-Nr. 12 ff.
Ist nach der Satzung die
Erhebung von Vorausleistungen möglich, muß nach der hier vertretenen Ansicht primär dieser Finanzierungsweg gewählt
werden. Erhebt die Gemeinde dennoch keine Vorausleistungen, kann sie auch keine
Fremdfinanzierungskosten abrechnen.
3.2 Verteilungsphase
3.2.1 Beitragspflichtige Grundstücke
Beitragspflichtig sind
grundsätzlich Buchgrundstücke, also im Regelfall nicht etwa ein aus mehreren
bebaubaren Grundstücken bestehender einheitlich genutzter Grundbesitz, schon
garnicht ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung. Die Grundstücke müssen bebaubar
oder in anderer beitragsrechtlich relevanter Weise nutzbar sein. Nicht in die
Verteilung einzubeziehen sind daher beispielsweise:
- Nicht bebaubare Handtuchgrundstücke unterschiedlicher Eigentümer,
- Grundstücke, auf denen sich andere Erschließungsanlagen wie Spielplätze
oder Lärmschutzwälle befinden,
- Außenbereichsgrundstücke, auch wenn sie bebaut sind,
- die Bahnanlagen der Deutschen Bahn AG, mit Ausnahme des Empfangsgebäudes
des Bahnhofs.
3.2.2 Zweiterschließung
Zweiterschließung in diesem Sinne meint
nur das Erschlossensein von zwei gleichartigen Anlagen, also beispielsweise von
zwei Straßen, nicht jedoch von ungleichartigen Erschließungsanlagen wie etwa
durch einen Lärmschutzwall und eine Straße. Letzteres führt zu getrennten
Beitragsverfahren wegen des in unterschiedlicher Weise zu bestimmenden Kreises
der erschlossenen Grundstücke. Die Zweiterschließung durch gleichartige Anlagen
führt im Grundsatz zur Berücksichtigung des Grundstücks bei beiden Anlagen im
vollem Umfang. Im Grundsatz wird jedes Grundstück für jede Erschließungsanlage,
an der es liegt, beitragspflichtig, im Extremfall also auch mehr als nur
zweimal.
Die EBS sehen regelmäßig Vergünstigungen für
mehrfacherschlossene Grundstücke, im Regelfall also für Eckgrundstücke vor.
Diese Vergünstigung ist bereits bei der Verteilung des Aufwandes zu
berücksichtigen, nicht erst bei der Beitragserhebung , so daß dies für die
Gemeinde kostenneutral bleibt. Die EBS sehen die Eckvergünstigungen in der Regel
nur für Wohngebiete vor, also nicht für Gewerbegebiete und ähnliches. Nach
Driehaus, § 18, Rd-Nr. 80 muß in Extremfällen, in denen durch die
Eckvergünstigung das Eckgrundstück gegenüber den Normalgrundstücken
unverhältnismäßig entlastet würde, der Umfang der Vergünstigung im Einzelfall
vermindert werden.
Im Ausnahmefall eines zwischen zwei parallel
verlaufenden Erschließungsanlagen durchlaufenden Grundstücks, bei dem die beiden
Teile jeweils eindeutig einer der beiden Erschließungsstraßen zugerechnet werden
können und die etwa gleichwertig bebaubar sind, erfolgt die Verteilung der
Kosten jeweils nur auf den der abzurechnenden Straße zugeordneten
Grundstücksteil.
3.2.3. Tiefenbegrenzung
Die in den EBS regelmäßig enthaltenen
Tiefenbegrenzungen gelten ausschließlich für nicht beplante Gebiete. Eine
Tiefenbegrenzung kann im Geltungsbereich von Bebauungsplänen nicht angewendet
werden.
Die Tiefenbegrenzung ist nach Auffassung von Driehaus, § 17, Rd-Nr. 33
auch nicht auf solche Grundstücke anzuwenden, die gänzlich innerhalb
des im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen, sondern nur auf solche
Grundstücke, die am Rande des Ortsteils in den Außenbereich übergehen,
a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.11.2002, 3 A 3531/99 und
inzwischen auch BVerwG, Entscheidung vom 1.9.2004, 9 C 15.03 (siehe dazu).
3.2.4 Maß der baulichen Nutzung in unbeplanten Gebieten
Ältere
EBS verweisen bezüglich der GFZ regelmäßig auf die Höchstgrenzen des § 17
BauNVO, in der vor dem 27.01.1990 geltenden Fassung. Nach Driehaus, § 18,
Rd.-Nr. 42 ist dies in einer vor diesem Zeitpunkt erlassenen Satzung ein
statischer Verweis, so daß auch weiterhin danach verteilt werden kann. Da § 17
BauNVO in der jetzt geltenden Fassung keine Zuordnung von bestimmten
Höchstwerten der GFZ zu bestimmten Vollgeschoßzahlen enthält, kann mit diesem
Verweis bei der Aufstellung einer neuen EBS jedoch nicht mehr gearbeitet werden.
Es muß vielmehr gegebenenfalls der Inhalt des früher geltenden § 17 Abs. 1
BauNVO in die Satzung hineingeschrieben werden.
Bei der Anwendung des Nutzungsfaktorenmaßstabs kann in unbeplanten Gebieten auf die tatsächlich vorhandene Vollgeschosszahl abgestellt werden.
3.2.5 Artzuschlag
Der Artzuschlag kann beispielsweise in der EBS
für beplante Gewerbegebiete nur für das gesamte Gewerbegebiet angeordnet werden,
um ein ebenfalls an der selben Erschließungsstraße gelegenes beplantes oder
nicht beplantes Wohngebiet zu entlasten. Er kann jedoch im beplanten Gebiet
nicht für einzelne gewerblich genutzte Grundstücke angeordnet werden mit der
Folge, daß auch für ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück im ausgewiesenen
Gewerbegebiet der Artzuschlag für Gewerbegebiet anzubringen ist. Im unbeplanten
Gebiet kann in der EBS die Anwendung des Artzuschlags von der tatsächlichen
zuschlagspflichtigen Nutzung des einzelnen Grundstücks abhängig gemacht
werden.
3.2.6 Ausnutzungsbeschränkungen
Das Bundesverwaltungsgericht hat
klargestellt, Driehaus, § 17, Rd.-Nr. 54 ff, daß der Verminderungszwang im Sinne
der früheren Rechtsprechung, also der fiktive Ansatz einer kleineren
Grundstücksgröße nicht mehr anzuwenden ist. Bei der Anwendung des Geschossflächenmaßstabs muss die aufgrund bundesrechtlicher oder
landesrechtlicher Einschränkungen gegenüber
der nominell in einem Bebauungsplan festgesetzten GFZ verringerte Ausnutzbarkeit
vielmehr bei der Berechnung der der Verteilung zugrundezulegenden
Geschoßfläche berücksichtigt werden. Ist also nach der EBS, wie in Hessen lange Zeit
üblich, die zulässige Geschoßfläche verteilungsrelevant, so muß die sich
gegebenenfalls aus überbaubarer Grundstücksfläche und maximaler Geschoßzahl
ergebende geringere Geschoßfläche statt der Fläche angesetzt werden, die sich aus
der Multiplikation der Grundstücksfläche mit der im Bebauungsplan festgesetzten
GFZ ergibt. Landesrechtliche Feinheiten bei der Bestimmung von Dach- und
Kellergeschossen zu Vollgeschossen oder Nicht-Vollgeschossen bleiben im
Beitragsverfahren außer Acht, Driehaus, § 17, Rd.-Nr. 59.
Bei der Anwendung des Nutzungsfaktorenmaßstabs spielen nur noch solche Ausnutzungshindernisse eine Rolle, die sich auf die nominelle Anzahl der Vollgeschosse auswirken können.
4. Beitragserhebung
Persönlich beitragspflichtig ist derjenige,
der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids Grundstückseigentümer ist. Wer
Eigentümer ist, ergibt sich in der Regel aus dem Grundbuch. Ist ein
Baulandumlegungsverfahren zwar rechtswirksam abgeschlossen, sind die neuen
Eigentumsverhältnisse aber noch nicht im Grundbuch eingetragen, so ist der
Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchs dennoch bereits vollzogen. Eigentümer
und damit Beitragspflichtiger ist auch in diesem Fall der neue Eigentümer nach
der Umlegung.
In der Praxis ist es in der Regel nicht geboten, vor Erlaß
der Beitragsbescheide das Grundbuch einzusehen. Die bei den Gemeinden oft sehr
aktuell vorhandenen Zweitschriften des Liegenschaftsbuchs des Katasters sind
ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand besser greifbar als die Unterlagen des
Grundbuchamtes. Sollte zwischenzeitlich ein Eigentumswechsel vollzogen sein, so
läßt sich dies im Widerspruchsverfahren unschwer klären.
Seit dem
7.11.1991 ist in Hessen keine Zustellung des Beitragsbescheides mehr
erforderlich. In § 11 Abs. 7 KAG ist nur noch von der Bekanntgabe die Rede. Wird
ein Bescheid rechtzeitig vor der Verjährung verschickt und geht daraufhin weder
Widerspruch noch eine Zahlung ein, so kann er, falls er als einfacher Brief
nicht angekommen sein sollte, unschwer nochmals bekanntgegeben werden. Kritisch
wird es, wenn Verjährung droht. In diesem Fall sollten die Kosten für eine
förmliche Zustellung nicht gescheut werden. Spätestens wenn sich der erste
Zahlungsunwillige darauf herausredet, nie einen Bescheid bekommen zu haben,
dürfte auch der an sparsamer Verwaltungsführung Interessierte von der
praktischen Notwendigkeit der Zustellung überzeugt sein. Im Fall der förmlichen
Zustellung ist auch bei Eheleuten je eine Ausfertigung des Bescheides zu
versenden.
Es empfiehlt sich, das gesamte Erhebungsverfahren in einer
zusammenhängenden Ausarbeitung zu dokumentieren, in der die Überlegungen zu
Abgrenzungsfragen bei den Erschließungsanlagen aufgeführt sind, die Rechnungen
aufgelistet sind, die Überlegungen zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke
dargelegt, sowie letztere aufgelistet sind und aus der der Berechnungsvorgang
hervorgeht. Eine derartige systematisch aufgebaute Ausarbeitung trägt bei ihrer
Aufstellung dazu bei, daß Fehler vermieden werden. Sie zeigt demjenigen der als
Anwalt oder Richter die Angelegenheit überprüft, daß systematisch und überlegt
vorgegangen wurde und mindert dadurch in der Praxis den Anfangsverdacht auf
Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung doch erheblich.
Es empfiehlt sich
vielfach, vor der Versendung der Beitragsbescheide zu einer
Aufklärungsveranstaltung einzuladen.
5. Widersprüche
Widersprüche sind - soweit die Gemeinde nicht
gleich abhilft - unabhängig von ihrer Zulässigkeit oder Begründetheit gemäß § 7
des Hessischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung dem
Anhörungsausschuß beim Landrat bzw. dem eigenen städtischen Anhörungsausschuß
vorzulegen, sofern der Widerspruchsführer darauf nicht gleich verzichtet hat.
Nicht fristgerecht eingegangene Widersprüche müssen auf jeden Fall als
unzulässig zurückgewiesen werden. Es ist dringend davon abzuraten, sich auf den
Inhalt eines unzulässigen Widerspruch überhaupt einzulassen.
Ist ein Widerspruchsführer im Widerspruchsverfahren durch einen
Rechtsbeistand vertreten und wird dem Widerspruch stattgegeben, hat er in Hessen
keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Beistandes. Wird der Widerspruch
jedoch abgelehnt und wird daraufhin vor dem Verwaltungsgericht geklagt, so
erhält im Falle des Obsiegens der Widerspruchsführer und Kläger auch die
Beistandskosten aus dem Widerspruchsverfahren erstattet.
Stellt sich im
Widerspruchsverfahren heraus, daß ein Fehler bei der Verteilung zu Lasten des
Widerspruchsführers vorliegt, so müßte vor dem Hintergrund der generellen
Verpflichtung zur Beitragserhebung eine Nacherhebung bei den übrigen
Beitragspflichtigen erfolgen. Diese - wenn auch nicht sehr populäre Maßnahme -
ist bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung jederzeit möglich. Es empfiehlt
sich also, mit dem Beitragsverfahren nicht bis kurz vor Ablauf der Verjährung zu
warten, damit derartige Nacherhebungen noch möglich sind. Nacherhoben wird im
Falle eines zwischenzeitlich erfolgten Verkaufs beim früheren Eigentümer, im
zwischenzeitlich eingetretenen Erbfall beim Erben, auch wenn dieser nicht mehr
Eigentümer sein sollte.
Der erfolgreiche Widerspruchsführer bekommt sein
Geld zurück, jedoch ohne Zinsen. Der erfolglose Widerspruchsführer muß in Hessen
Widerspruchsgebühr zahlen, die für nach dem 1.1.2002 eingelegte Widersprüche
nach dem Verwaltungsaufwand bemessen wird, es sei denn, die Gemeinde habe in
ihrer Verwaltungskostensatzung eine andere Bemessungsregelung getroffen, beispielsweise als Prozentsatz des angefochtenen Betrags. Legt er
gegen die Kostenfestsetzung Widerspruch ein und begründet diesen ausschließlich
mit der angeblichen Rechtswidrigkeit des Sachbescheides, so ist dieser
Widerspruch unzulässig.
Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.
Die Zahlung wird also einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides auf jeden Fall
fällig. Wird bei eingelegtem Widerspruch oder auch ohne daß Widerspruch
eingelegt ist nicht gezahlt, sind Säumniszuschläge verwirkt; es kann vollstreckt
werden.
Der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs an das Verwaltungsgericht kann erst gestellt werden, wenn ein
Antrag an die Gemeinde auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt wurde oder wenn
dessen Bearbeitung ungebührlich verzögert wird oder wenn eine Vollstreckung droht. Ein derartiger Antrag, der ohne
Vorliegen dieser Voraussetzungen bei Gericht gestellt wurde, ist deshalb
unzulässig.
Erich Bauer
Manuskript Stand 06.08.2014
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